Seit Richard von Weizsäcker 1985 den 8. Mai als "Tag der Befreiung" bezeichnete, hat in Deutschland etwas begonnen, das wir als Erinnerungskultur bezeichnen.

Am S-Bahnhof Grunewald erinnert seit 1991 das Mahnmal am Gleis 17 an den Transport von 50 000 Jüd*innen in Vernichtungslager, das Haus der Wannsee-Konferenz ist seit 1992 Gedenkstätte, die Spiegelwand am Rathaus Steglitz entstand 1995 und das Denkmal für die ermordeten Jüd*innen Europas entstand erst 2005. Das Nicht-Vergessen, was einmal geschehen ist, halte ich für wesentlich. Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum die Namen der Verantwortlichen eines verbrecherischen Systems so viel mehr Beachtung finden als die leuchtenden Beispiele der Wenigen, die mutig Widerstand geleistet haben. Daher haben wir uns in dieser Woche mit den "Gerechten unter den Völkern" beschäftigt.

Die Schüler*innen entdeckten und präsentierten die Geschichten von Irena Sendler, Maria Errazuriz, Otto Weidt und anderen, die angesichts des nationalsozialistischen Terrors Menschlichkeit bewahrten und anderen zum Überleben verhalfen. Der Blick war aber bewusst über diese Epoche hinaus gesetzt. So war von Rosa Parks die Rede und von Hermann Foitzik, der als Jugendlicher 1951 in der DDR verhaftet und zu 25 Jahren Arbeitslager in Workuta verurteilt wurde. Gesprochen wurde ebenfalls über Abdul Baset Al Sarout, der im Widerstand gegen das Assad-Regime 2019 getötet wurde.

Im Hinblick auf die Bedeutung von Sprache wurde die Frage gestellt, ob der "Tag der Befreiung" nicht assoziiert, dass die Mehrzahl der Deutschen mit der Hitler-Diktatur nichts zu tun hatte und "Tag der Besiegung" eventuell passender wäre. Es war beeindruckend, wie sich jede und jeder in sehr persönlicher Weise mit der Thematik beschäftigt hat. Wir waren beschenkt mit außergewöhnlichen Präsentationen, die noch lange in uns nachklingen werden.

 

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